Donnerstag, 2. November 2017

Wertschätzung versus Identität


Psalm 139, 14 (Luther 2017)

Ich danke dir dafür, 
dass ich wunderbar gemacht binwunderbar sind deine Werke; 
das erkennt meine Seele.

Was für ein Statement! Wunderbar gemacht. Ich kenne nicht viele Menschen, die das von sich behaupten würden. Woran könnte das liegen?
Ich glaube, viele Menschen bewerten sich nach dem, was die Gesellschaft ihnen vorgibt - wie sie zu sein haben: groß, schlank, intelligent, humorvoll, fleißig bis zum Umfallen, immerzu freundlich und korrekt ... Zusammengefasst: Einfach fehlerlos!

Ich weiß nicht, wie es dir geht. Aber ich passe nicht in diese Schublade hinein. Sicher, jeder hat etwas davon; ein paar gute Eigenschaften, leider jedoch auch ein paar schlechte. Denn, entgegen dem Anspruch unserer Gesellschaft, ist niemand fehlerlos.

Die meisten Menschen identifizieren sich entweder über ihre Leistung oder über ihr Aussehen.
Sie wissen nicht, wer sie sind. Deshalb fragen sie andere Menschen: Wer bin ich?

Meistens bekommen sie dann sehr viele Antworten auf ihre Frage. Diese Antworten formen ihre Identität. Jede Antwort beginnt mit den Worten: Du musst ...

Du musst schön sein. Du musst reich sein. Du musst intelligent sein. Du musst einen guten Job haben. Die musst einen Partner und Kinder haben. Du musst den Haushalt im Griff haben.
Du musst gesund sein.

Ein bisschen zu viel Druck, nicht wahr?
Meine Antwort: Du musst gar nichts, außer sterben.

Als Christen gehen wir doch davon aus, dass wir von Gott geschaffen wurden. Unser Schöpfer hat ein paar wundervolle Eigenschaften. Zum Beispiel ist er kreativ. Man sehe sich nur den Sternenhimmel an, das Meer, die wunderschönen Landschaften, Berge, Blumen, Tiere und so weiter und so fort.

Gott hatte ganz sicher einen Plan. Aber er lief bestimmt nicht im Himmel umher und rief:
"Mann, ich muss das aber heute noch schaffen. Diesen Elefanten muss ich unbedingt heute noch fertigbekommen." Klingt irgendwie lustig, die Vorstellung.

Wenn Gott sich nicht unter Druck setzt, warum tuen wir es dann? Oder warum lassen wir uns von anderen unter Druck setzen?

Der Autor dieses Psalms hat eine überraschende Entdeckung gemacht. Er stellt fest, dass er wunderbar gemacht ist. Und dass Gottes Werke alle wunderbar sind. Das erkennt der Autor in seinem tiefsten Inneren - in seiner Seele - und er dankt Gott dafür.

Du bist wunderbar gemacht, auch wenn du Fehler machst! Auch wenn du morgens das T-Shirt falsch herum angezogen oder dich beim Frühstück bekleckert hast. So what? Auch wenn du mal wieder den Bus zur Arbeit verpasst oder einer älteren Dame nicht den Platz angeboten hast ...
Was soll's.

Wenn du jemanden seelisch verletzt oder jemandem geschadet hast, es ist vergeben. Sagt Gott.

Diese Art zu denken, diese Perspektive nimmt dir den Druck, im Alltag performen zu müssen.
Du bist geliebt, selbst wenn du nichts leistest; wenn du krank bist oder wenn du Fehler machst.
Gott hat dich schon geliebt, bevor du irgendetwas getan hast. Bevor du auch nur einen Finger krumm gemacht hast, wie man so schön sagt.

Gott ist nicht dein Chef, nicht dein irdischer Vater, nicht dein Feind. Gott ist dein himmlischer Vater. Er kennt dich und liebt dich trotzdem. Ein Wunder, das dir das Leben leichter macht und dir eine Beziehung zu Gott, dem Vater, ermöglicht.

Wach auf! Du bist wunderbar gemacht.


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